Allerdings verlief es in Südchile nicht immer so glatt! Lebhaft erinnere ich mich an den Auftrag der FORESTAL, der chilenischen Gesellschaft für Forstwirtschaft, für die ich 1999 die patagonischen Wälder auf nutzbares Holz hin inventarisieren sollte. Mit Infrarotaufnahmen lässt sich das problemlos machen, und so traf ich auch hier zu Beginn des Monat März in Coihaique ein. In jenem Jahr erlebte Chile allerdings keinen Jahrhundertsommer, wie ich bald feststellen sollte. Zwei ein halb Wochen musste ich auf gutes Wetter warten, ehe der CNN für den 24. März endlich ein Hochdruckgebiet ankündigte. Mit ihm, so der Wetterfrosch, sollte zugleich der erste Nachtforst kommen, wobei die Front allerdings nur sehr kurz dauern würde. Anschließend erfolge ein Umschwung, der sehr viel Regen vom Pazifik brächte! Dies aber bedeutete: Es war höchste Eile geboten, sollte der lange Flug nach Südchile nicht umsonst gewesen sein.
Doch entweder hatten die Chilenen die Wettervorhersage nicht gehört oder sie maßen ihr keine besondere Bedeutung bei, vielleicht war der Frost auch stärker als angekündigt – auf jeden Fall teilte mir Ernesto, als ich am 24. März auf dem Flugplatz eintraf, bedauernd mit, dass die Kühlschläuche der Piper Archer eingefroren und geplatzt und die Maschine kurzfristig nicht zu reparieren sei! ¡Angela María! Woher sollten wir nun auf die Schnelle eine andere Maschine bekommen, zumal eine mit Bodenluke? In Sekunden ging ich alle Möglichkeiten durch und zog selbst den Polizeihubschrauber in Erwägung. Dieser verfügte jedoch nur über eine Seitentür, außerdem konnte er nicht hoch genug fliegen. In unserer Nähe, soviel stand sehr schnell fest, war kein brauchbares Fluggerät aufzutreiben. Da half nur eins: wir mussten uns eins bauen! Wir bewaffneten uns mit Bohrmaschine und Blechschere und schnitten mitten in der Nacht, nur im Schein einer Taschenlampe, ein 30 x 30 cm großes Loch in das Bodenblech der bis dahin TÜV-tauglichen Piper Seminol. Am Morgen des 25. März konnten wir bei bestem Flugwetter endlich starten!
Allerdings waren damit noch nicht alle Herausforderungen dieser Unternehmung gemeistert. So hätten wir bei der erforderlichen Flughöhe von 12.000 Fuß (etwa 4 km) eigentlich Sauerstoff gebraucht, den wir aber nicht hatten … Hinzu kam, dass wir beide die winterlichen Temperaturen unterschätzt hatten. Zwar befanden sich in meinem grundsätzlich knapp bemessenen Gepäck diesmal zumindest ein Pullover und eine Windjacke, aber bei Außentemperaturen von minus 14 Grad, wie sie angesichts des Hochdruckgebietes und der Flughöhe nicht verwunderlich waren, benötigte ich im Grunde dringend Handschuhe! Die hatte ich aber auch nicht … Entsprechend dienten unsere Zwischenlandungen nicht nur zum Auftanken des Flugzeugs, sondern auch zur „Reanimation“ der Crew, wobei Ernesto mehrfach auf einfachen Schotterpisten inmitten der Wälder landete, fernab von jeder Zivilisation. Bis heute ist es mir ein Rätsel, wie er aus der Luft die Benzinvorräte erspähen konnte, die mitsamt Trichter im Dickicht verborgen lagen – versteckt nur für kleine Flugzeuge, die eben mal dringend zwischendurch auftanken müssen!
Als wir am 26. März um 13.30 Uhr auf dem Flugplatz von Coihaique landeten, hatten wir unseren Auftrag erfüllt, das fragliche Gebiet war komplett photographiert. Und nur wenig später zog vom Pazifik die angekündigte Regenfront herauf, die die gesamte Region für mehrere Tage mit einem typisch chilenischen Dauerregen überziehen sollte!