Vom 18. bis 24. Mai 2016 führte der Freundeskreis 13 Interessenten nach Portugal zu einer begeisternden Exkursion in die „weiße Stadt am Tejo“. Die Leitung hatte der renommierte Geograph Prof. Dr. Bodo Freund (Humboldt-Universität Berlin) übernommen, der seit 50 Jahren über Portugal forscht, außerdem dort gewohnt und gelehrt hat. Er verstand es ausgezeichnet, den Teilnehmerinnen und Teilnehmern der Reise aus eigenem Erleben die Entwicklung Portugals im letzten halben Jahrhundert in differenzierten Zeitschnitten zu vermitteln und seine kritische Zuneigung zu Stadt und Land und den dort lebenden Menschen nahezubringen. Dabei kamen ihm nicht nur seine stupenden Kenntnisse der verschiedenen portugiesischen Regionen zupass, sondern auch seine auf zahlreichen Reisen durch nahezu alle Mittelmeerländer gewonnenen Einsichten in die Spezifika und Unterschiede innerhalb dieses Raumes. Immer wieder gelang es ihm, vorfindliche Phänomene im weiten historischen Rückblick seit dem Altertum besonders plastisch zu konturieren und vor allem die lange Periode seit den Reichtum bringenden Entdeckungsreisen des 15. Jahrhunderts mit Hinweisen auf Politik, Staat und Rechtssystem, auf Wirtschaft, Kultur und Mentalitäten zu illustrieren.
An vielen Orten während der Exkursion wurden grundsätzliche Betrachtungen zu wichtigen allgemeinen Themen angestellt, z.B. Bedeutung des großen Erdbebens von 1755; Selbstverständnis Portugals als „atlantisches Land“; die „Entdeckungen“ und der aus den überseeischen Territorien gewonnene Reichtum, wie er sich vor allem im manuelinischen Zeitalter niederschlug; der portugiesische Nationalismus und das besondere Verhältnis zum Nachbarn Spanien; Portugals wirtschaftliche, soziale und politische Entwicklung im 19. Jahrhundert; die kurze Phase der Republik (1910-1926) und die lange des Estado Novo (1928-1974); Autoritarismus, Isolationismus und Autarkismus; Entwicklung vom „Sozialismus mit menschlichem Antlitz“ zum Neo-Liberalismus; Immigration aus den überseeischen Gebieten, vor allem nach Lissabon, und Emigration nach Brasilien, Nordamerika und Europa; Bildungssystem; öffentliche und private Finanzen; Auswirkung der Globalisierung. Die Rundgänge durch die verschiedenen Bezirke der Stadt ähnelten so gewissermaßen einer Hochschule auf Reisen.
Erkundet wurden neben der Innenstadt Lissabons der Stadtteil Belém mit seinen einzigartigen Zeugen des „goldenen Zeitalters“ (Mosteiro dos Jerónimos) und die westlichen Vororte Estoril und Cascais, ebenso die modernste Entwicklung im Umfeld des Ostbahnhofs und der Messe. Gespräche mit einem portugiesischen Professor, der unter Salazar nach Deutschland geflohen war, und mit dem Vertreter einer deutschen politischen Stiftung, der seit 25 Jahren in Lissabon tätig ist, vertieften die menschliche Komponente, die bei allen Ausführungen des Exkursionsleiters eine wesentliche Rolle spielte. Abgeschlossen wurde die Stadtexkursion durch Fahrten (mit Bahn und Bus) in die Umgebung nördlich und südlich von Lissabon, so in die im Hügelland gelegene königliche Sommerresidenz Sintra und an den westlichsten Punkt des europäischen Festlandes, Cabo da Roca. Krönender Abschluss war am letzten Tag der Blick von der fast 200m über dem Tejo, am südlichen Ufer liegenden Cristo Rei-Statue über Lissabon und sein Umland.
Alle Mitreisenden waren sich in ihrem Urteil einig: Man hatte sehr viel gesehen und erlebt, zugleich unendlich viel gelernt – ein Beweis für die Fruchtbarkeit und Leistungsfähigkeit einer Geographie, die für alle Nachbardisziplinen offen ist.